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Blogeintrag

Vier Wochen als Quantified Self – mein Selbsttest mit dem Jawbone Up

Vier Wochen lang habe ich das Jawbone Up getestet. Ich hatte das Jawbone Up vier Wochen lang 24 Stunden am Tag am Arm (außer beim Aufladen) und weiß seither Altbekanntes über mich selbst nun sehr genau und mit Zahlen belegt: ich bewege mich zu wenig, schlafe zu wenig, esse gesund. Zumindest im Abgleich mit den in der App als Standard gesetzten Zielgrößen von 10.000 Schritten am Tag und 8 Stunden Schlaf.

Das permanente Aufzeichnen aller eigenen fitness- und gesundheitsrelevanten Daten mit dem Jawbone Up macht Spass, spornt an und hilft dabei, sich wirklich mehr zu bewegen oder sich gesünder zu ernähren. Das Band selbst ist von guter Qualität, sieht cool aus und stört kaum. Die Usability der App ist fresh, flat und ansprechend. Was das Jawbone Up alles kann (und was nervt und verbesserungswürdig ist), das steht beispielsweise auf SPON oder bei Gizmondo (nicht mehr verfügbar) – und muss hier nicht noch mal wiederholt werden.

Stattdessen ein paar Selbstbeobachtungen und Reflexionen zu meinen Erfahrungen mit diesem Gadget. Dabei geht es eigentlich nicht um das Gerät an sich, sondern um die selbstdisziplinierenden Effekte im Umgang mit dem ständigen Blick auf die eigenen Bio-Daten. Schließlich geht es nicht nur um Spaß, sondern um eine Art Selbst-Controlling.

Das bietet das Jawbone Up ja vor allem und gehört damit zu einem der vielen Spielzeuge der wachsenden Quantified Self-Bewegung. Foucaults Technologien des Selbst lassen grüßen.

Das Jawbone Up macht nicht nur Spass: Wo immer ich stehe (besser nicht) oder gehe (am besten so viel wie möglich), beim Essen und sogar beim Schlafen kann ich mich dank dem Jawbone Up zu mir selbst und meinem Körper durch und durch rational und ökonomisch verhalten.

Mit dem Gadget und im dauerhaften Bemühen möglichst viele Schritte täglich anzuhäufen, fing ich auf einmal an, gerne den gleichen Weg dreimal hintereinander zu gehen. Nicht drei Dinge in der Hand und noch das iPad unterm Arm und die leer Kaffeetasse am kleinen Finger, sondern lieber dreimal die Treppe hoch und herunter. Manchmal lockte selbst die Versuchung, extra etwas liegen zu lassen um es dann mit willkommenen Extraschritten doch noch zu holen. Vielleicht wird Effizienz (weniger Aufwand!) vs. Fitness (mehr Schritte!) ja mit selbstverordneter Selbst-Quantifzierung zum neuen Dauerwiderspruch…

Wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit, bis das Jawbone Up zur Aufzeichnung von Spaghetti-Diagrammen in der Produktion genutzt wird. Auch da würden dann ganz neue Widersprüche sichtbar: Wenige Schritte von A nach B sind zwar gut im Sinne des Toyota Produktionssystems, aber schlecht für die tägliche Fitnesszielgrösse alternder Belegschaften, die doch zukünftig bis ins hohe Alter (erwerbs-)vital bleiben sollen.

Erstaunlich war, dass ausgerechnet das am wenigsten disziplinierte Verhalten in meinen vier Testwochen für die besten Fitnessergebnisse sorgte: Am meisten Schritte und eine beeindruckende Planüberfüllung von 189% generierte mir eine durchgetanzte Technonacht (geht allerdings wiederum eindeutig zu Lasten der Schlaferfolgsquote – es bleibt also schwierig).

Auf jeden Fall: das Jawbone Up hat Spass gemacht und ich könnte mich an eine Dauerfreundschaft gewöhnen. Hätte ich es nach den vier Wochen nicht abgelegt, wäre es sicher zum ständigen und gefühlt unverzichtbarem Begleiter geworden. Obwohl ich auch vorher schon wusste, dass mehr Bewegung und mehr Schlaf gut täte – es ist einfach spannend, morgens einen Blick auf Tiefschlafrhythmus der letzten Nacht zu werfen. Aber gerade wegen dieser dauerhaften Verführung zum Selbst-Controlling wird mein Jawbone Up nun den Weg aller digitalen Konsumgüter gehen (ja, ich meine dieses digitale Auktionshaus, dessen Hauptgeschäftsmodell längst keine Auktionen mehr sind…).

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