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Blogeintrag

Und noch eine… Studie zur Beschäftigungsentwicklung

Gutachten des IW Köln zur Digitalisierung: Beschäftigungseffekte bei Chefs und Consultants

Es gibt schon unzählige Studien, die versuchen mögliche Beschäftigungseffekte der Digitalisierung auf Zahlen zu bringen. Und auch die Presse scheint vor allem zu interessieren, wie viele Arbeitsplätze morgen wegfallen. Das IW Köln hat nun eine weitere Studie auf den Markt gebracht. Bei genauem Hinsehen mit erstaunlichen Ergebnissen.

Grafik Beschäftigungsentwicklung Digitalisierung
Beschäftigungseffekte und Digitalisierung

Es gibt schon unzählige Studien, die versuchen mögliche Beschäftigungseffekte der Digitalisierung auf Zahlen zu bringen. Und auch die Presse scheint vor allem zu interessieren, wie viele Arbeitsplätze morgen wegfallen. Dass das niemand voraus sagen kann; dass solche Fragen höchst komplex sind und selten auf monokausale Zusammenhänge rückführbar; dass ein Blick in die Datenvergangenheit nichts über eine als disruptiv unterstellte Entwicklung des Morgen sagen kann – das alles ist bekannt und wird in allen seriösen Studien zum Thema auch mehr oder weniger ausführlich reflektiert. Trotzdem geht die Suche nach eindeutigen Antworten weiter.

Das IW Köln hat nun eine weitere Studie auf den Markt gebracht. Das Gutachten mit dem Titel „Arbeitswelt und Arbeitsmarktordnung der Zukunft will die Frage beantworten, welche Schlüsse aus der vorliegenden empirischen Evidenz gezogen werden können. Dabei geht es neben Beschäftigungsentwicklung auch um Kompetenzen, Alterssicherung, Mitbestimmung, Vereinbarkeit u.Ä. Ich will hier nur einen Blick auf das Kapitel zur Beschäftigungsentwicklung werfen. Das IW resümiert dazu verschiedene Studien: Neben Daten zur Robotik sind dies vor allem die Studien von Dengler/Matthes 2015 und Wolter u.a. 2016. Dieses Resümee soll hier nicht noch mal zusammengefasst werden – beide Studien sind im Original lesenswert und methodisch seriös, können aber auch den Blick in die Glaskugel nicht leisten.

Einen Blick möchte ich hier nur werfen auf einen Aspekt, den das IW Köln in seiner Studie auf Basis eigener Datenrecherchen einbringt und der belegen soll, dass die Digitalisierung keine negativen Beschäftigungseffekte hat. Zunächst wählt das IW Köln zehn Wirtschaftszweige aus, die als „hoch digitalisiert“ gelten (siehe Liste in meiner Grafik links). Bei dieser Zuordnung ist die Nutzung des Internets ein zentrales Kriterium – daher landen in diesem Ranking mit einer Ausnahme keine Branchen der produzierenden Industrie (hier ließe sich fragen, ob bspw. SPS-Steuerungen oder Embedded Systems keine Digitalisierung darstellen?).

Das Gutachten des IW stellt für diese Wirtschaftszweige die Beschäftigungsentwicklung gegenüber – und zwar die Daten von März 2008 und März 2015. In meiner Grafik habe ich die Zahlen des IW rechts dargestellt. Wenn es um Beschäftigungseffekte geht, sollte man sich bei so einer Betrachtung aber auch vor Augen halten, von vielen Beschäftigten hier eigentlich die Rede ist. Denn eine Betrachtung des prozentualen Auf und Ab alleine reicht nicht aus. Im Ringdiagramm links habe ich deshalb die gemeldeten Arbeitsstellen der vom IW ausgewählten Wirtschaftszweige ins Verhältnis gesetzt zu denen aller anderen Wirtschaftszweige (Zahlen der BA ebenfalls für 03/2015).

Dabei wird deutlich: bei den ausgewählten Wirtschaftszweigen geht es um gerademal 6,7% gemeldeter Arbeitsstellen – die gesuchte Evidenz liegt hier also allenfalls für die ausgewählten Branchen vor, nicht aber für generelle Zusammenhänge zwischen Digitalisierung und Beschäftigung.

Ein Detail der IW Studie ist bemerkenswert: Der mit Abstand größte und beeindruckende Beschäftigungsaufwuchs von 66,5% (!) findet sich im Wirtschaftszweig „Verwaltung und Führung von Unternehmen/Unternehmensberatung“. Flapsig ausgedrückt wären damit Chefs und Berater auf dem Arbeitsmarkt die Gewinner der Digitalisierung. Eine möglicherweise bislang völlig unterschätzte Wirkung der Digitalisierung⁉︎ Eine nicht ganz ernst gemeinte Randnotiz zur – auf jeden Fall lesenswerten – Studie des IW Köln.

Zitierte Studien

Dengler K, Matthes B (2015) Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt. Substituierbarkeitspotenziale von Berufen in Deutschland. IAB, Nürnberg

IW Köln (2016) Arbeitswelt und Arbeitsmarktordnung der Zukunft. Welche Schlüsse können aus der vorliegenden empirischen Evidenz bereits geschlossen werden? Institut der deutschen Wirtschaft, Köln

Wolter I, Mönning A, Hummel M, et al (2015) Industrie 4.0 und die Folgen für Arbeitsmarkt und Wirtschaft. Szenario-Rechnungen im Rahmen der BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen.

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